Hallo zusammen!
Mir ist ja vor einem guten Monat eine Gyne regelrecht zugelaufen - echt faszinierend, kaum Beschäftigt man sich mit Ameisen und hat auch schon welche, schon laufen einem die Biester in Massen über den Weg.
Beim Bestimmungsthread (Fremdforum) kamen nachfolgende Gattungen in Betracht, zuerst aber nochmal die Fakten zusammen gefasst:
Zum Fundort:
Wohnsiedlung im Randgebiet von München auf einem Balkon im EG - Felder sind recht nahe vorhanden.
Zeitpunkt:
22. Juni 08
ca. 16:30
Wetter:
20.06: trocken, warm, teilweise bewölkt
21.06: trocken warm, viel Sonnenschein
22.06: trocken, leicht schwül, kaum Wolken
Sonstiges:
Wegen einer Ameisenplage wurde vor kurzem rund um das Haus vermutlich ein Pestizid ausgestreut. War, laut Angaben meiner Mutter irgendein weißliches Pulver. Die Plage erstreckte sich auf eine größere Menge an fougarierenden Ameisen auf den Balkonen.
Gyne:
ca. 8,5mm lang
flügellos
Folgende Arten kommen vermutlich in Betracht:
Lasius brunneus
Lasius alienus
Lasius flavus
Lasius psammophilus
Vorhaben:
Da es eben unklar ist und ohne entsprechendes Wissen und Ausrüstung eine Sichere Bestimmung nicht möglich ist, werde ich sie nun in einem RG gründen lassen und mal abwarten, wie die Pygmäen/Arbeiterinnen aussehen und zu gegebener Zeit und Menge dann ggf. (L. flavus wäre ja recht einfach bei den Arbeiterinnen zu bestimmen, entsprechend der Färbung) zwei bis drei an eine entpr. Organisation bzw. Fachmann schicken zur Bestimmung, sofern es nicht zu kostenintensiv ist
Sollte es sich um eine L.b. handeln, werde ich sie wieder ausquartieren, was ja kein Problem dar stellt, da ich sie ja hier in der Gegend gefunden hatte.
Sollte es z.B. L. flavus oder L. alienus sein, werde ich sie vermutlich behalten oder evtl. an ein gutes Plätzchen weiter geben, da ich gestern meine Camponotus ligniperda-Gyne (wurde bei einem Schwarmflug gefunden - Haltungsbericht folgt) bekommen habe und ich mehr als zwei Kolonien eigentlich nicht halten möchte, da schon zwei bei entsprechender Größe (möchte sie ja nicht, nach zwei, drei Jahren wieder abgeben, so wie es ja scheinbar oft praktiziert wird) ausreichend Beschäftigung fordern und Arbeit bedürfen.
Aber so wie ich mich kenne werde ich mich von Ihr dann nicht trennen können, sofern es nicht eine Hausameise ist. :rolleyes:
Der Anfang:
21.06.08
Als ich an dem Tag bei meiner Mutter auf dem Balkon (EG) saß, sah ich plötzlich, wie über die Balkonbrüstung irgendetwas großes angekrabbelt kam.
Ich sah hin und erkannte sofort, daß es eine Gyne ist - hab sie dann auf meine Hand bugsiert. Auf dem Arm war sie auch zum Glück nicht so schnell, wegen den Haaren, als wie auf der glatten Betonbrüstung - war ja schließlich nicht 100%ig darauf gefasst und so musst mein Stiefvater erst meine provisorische "Ameisensuchenundfindenausrüstung" holen. Darin hatte ich bereist ein pseudo-RG vorbereitet - ein Stück 10er PVC-Schlauch, auf der einen Seite bereits mit Mini-Wassertank.
Nachdem ich mir fest vorgenommen hatte, eine selbst gefundene Gyne "natürlich" gründen zu lassen, d.h. sie in ein fertiges kleines Formicarium mit Ytong-Nest und RG-Nest setzten und selber entscheiden zu lassen, ich aber auf so einen schnellen Fund nicht gefasst war, war folglich das Formicarium, geschweige denn das Nest fertig. Entsprechend, etwas zugegebener Maßen leichtgläubig und mit der Hoffnung an dem Abend noch was halbwegs brauchbares fertig zu bekommen, lege ich eine Sonderschicht ein - fertig wurde ich natürlich nicht.
Entsprechend verbrachte sie die Nacht in dem Pseudo-RG - hatte noch Gedanken angestellt, ob ich sie ins Bad mit Licht stellen sollte, damit sie nicht denkt, wenn es dunkel ist daß sie in einem Nest ist, entschloss mich dann aber doch, um sie nicht zu sehr zu stressen (denke mal, 24Std Dauerlicht ist nicht das wahre), offen, also nicht abgedeckt ans Fenster zu stellen, da es doch recht sternenklar und entsprechend Hell draußen war.
22.06.08
Tjo, leider war die Gyne da gänzlich anderer Meinung und hatte über Nacht bereits Eier gelegt, fünf Stück an der Zahl.
Ich entschloss mich, bedingt auch nach der "Pleite von gestern", sie dann doch in ein RG zu setzten.
Leider war auch dahingehend die Gyne absolut völlig anderer Meinung.
Sie hat sich zwar kurz, wohl eher kontrollierend für die nun entstandene Öffnung interessiert, zog es dann aber in fast schon alter Lasius niger-Manier vor, vehement an Ort und Stelle zu bleiben und entpuppte sich als extremst Überzeugungsresistent...und ich mich als ungeschickter Tollpatsch, was das Überzeugen der Gyne hinsichtlich Umzug betraf.
Ich sie etwas in das neue RG geklopft, sie wie der Blitz wieder in das Alte, dies zog sich einige male hin, teilweise davon unterbrochen, daß sie einfach dort blieb, wo sie war, trotz dem klopfen.
Ich dachte eigentlich, auch anhand meines Hobbys etc. daß ich geschickt und recht schnell bin, doch die Gyne war schneller und sturer.
Nach einem längeren Kampf hatte sie dann wohl gänzlich die Faxen dicke und entschied sich für die Flucht auf dem Fensterbrett, wo sie auch recht schnell wurde - um auf Nummer sicher zu gehen hatte ich es aber absichtlich dort gemacht - im Nachhinein wäre die verschlossene Badewanne wohl doch noch besser gewesen.
Ende vom Lied, nach einem längeren Kampf, die Gyne sitzte beleidigt im RG und gab nach ein paar Minuten auch den Ausbruchsversuch durch den mit Watte verschlossenen Eingang auf, versuchte dann aber sofort wieder raus zu kommen, sobald das RG in Bewegung kam und/oder die Watte entfernt wurde.
Soweit so schlecht...Gyne da, Eier dort.
Ich habe den PVC-Schlauch dann aufgeschnitten und das kleine Stück, auf dem die Eier lagen ausgeschnitten.
Immer noch schlecht, Eier hier, Gyne dort - Gyne schnell, ich langsam.
Ok, erstmal vorsichtig Watte weg nehmen - Gyne leider sehr aufmerksam und eben schnell, sodaß mir bei den ersten Versuchen nur übrig blieb, sie mit dem Wattebausch wieder "zurück zu kehren".
Irgendwann wurde es mir auch zu blöd und hab erstmal einfach mein Daumen drauf, damit ich die andere Hand mit Pinzette frei hatte um die Eier rein zu bekommen.
Also Gyne in das RG-Boden (sprich Watte vom Wassertank) geklopft, schnell Daumen weg und das Stück mit den Eiern vorne rein geschoben und da war sie auch schon wieder, konnte aber noch rechtzeitig die Watte greifen und wieder hinein schieben.
Sie fand die Eier, schien sich aber nicht sonderlich für zu interessieren, machte aber einen etwas enspannteren Eindruck.
Gut, Gyne dort, Eier dort.
Nachdem ich mir das dann eine Weile angeschaut hatte, war ich, warum auch immer mit der Situation dann doch nicht so zufrieden - die, ich nenne es mal Eierschale und Gyne befanden sich direkt am Eingang, weit weg von der feuchten Watte und die Gyne machte auch keine Anstallten, die Eier neu zu sortieren bzw. umzulagern - denke, daß ich aber einfach nur nicht lang genug gewartet habe. *brummel*
Auf jeden Fall RG wieder auf und mit einem weichen Pinsel versucht, die Eier runter zu kehren und in Richtung Watte zu bugsieren. Es kam, wie es kommen musste - bin halt keine Ameise - dabei gingen zwei bis drei leider kaputt; jetzt hab ich es zumindest selber erlebt, daß die Eier absolut nicht mit Vogeleier vergleichbar sein und total empfindlich sind und zwar aneinander und am Boden kleben aber nicht da, wo ich es in dem Moment gerne gehabt hätte, am Pinsel.
So sah dann der Bestand nach der ******* Aktion wie folgt aus:
1 Gyne
2-3 Eier
3-2 Eier matsch
Nunja, die Folie noch drüber geschoben und das RG erstmal rollsicher zur Seite gelegt, um ihr Ruhe und Erholung zu gönnen.
Leider hat sie dann scheinbar die verbliebenen Eier schließlich gefressen.
Manchmal saß sie dann so auf der Watte, daß man denken könnte, das RG steht senkrecht.
Bestand:
1 Gyne
0 Eier
23.06.08
Über Nacht hat sie dann wohl wieder Eier gelegt - diese hatte ich dann bei weiteren Fotoaufnahmen zwecks Bestimmung entdeckt - habe dabei auch ein Foto, wie sie sie gerade in ihren Mandibeln zwecks Standortänderung hatte.
Bestand:
1 Gyne
ca. 4 - 5 Eier
Später gegen Abend konnte ich sie dann beim Eier legen beobachten.
Hat, grob geschätzte 3min. gedauert.
Sie sahs erstmal ganz gerade, ruhig da, putze sich zwischenzeitlich kurz am Gaster, in dem sie diesen unter sich nach vorne schob.
Sie schien erstmal "zu pressen", kleine Bewegungen am Gasterende waren zu sehen. Manchmal spitzte wohl das Ei heraus (sah zumindest so aus), verschwand aber wieder, bis sie es schließlich dann ganz heraus drückte.
Sie dreht sich sodann um, tastete es mit ihren Fühler ab, nahm es auf und lege es schließlich zu den anderen dazu.
24.06.08
Zwecks Bestimmung hatte ich an diesem Tag zum Letzten Mal Fotos gemacht - die vergangenen Tage waren schon stressig genug für sie, obwohl sie den Eindruck zu machen scheint, den ganzen Tohuwabohu der vergangenen Tage recht gut weg zu stecken. Wenn ich die rote Folie weg ziehe, nimmt sie das wohl mittlerweile recht gelassen hin.
Von gestern auf heute hat sie nochmal einige Eier nach gelegt.
Bestand:
1 Gyne
ca. 12 Eier
25.06.08
Kann sie immer wieder beobachten, wie sie versucht, einzelne Fäden aus der Watte, die den Wassertank von der Brutkammer trennt heraus zu ziehen.
Ansonsten passiert nicht viel, sie sitzt nur da, manchmal über den Eiern, manchmal daneben.
Hin und wieder wird bisschen umsortiert, das war es aber auch schon.
Da ja die nächste Zeit nicht viel passieren wird und es bisschen dauert, bis die erste Pygmäe schlüpfen wird und damit eine Arena erforderlich wird, habe ich nun erstmal Zeit, um ein kleines Formicarium mit Nest zu bauen.
29.06.08
Habe mir letztes ein kleines Aquarium für die Gyne (das große, welches ich noch habe, 600x300x300 brauche ich ja für meine Camponotus) in den Maße 400x250x250 gekauft. Kostenpunkt lag bei 14.-€.
Das Nest habe ich klein gehalten. Erstmal weiß ich eh nicht, ob sie recht schnell umziehen werden und zweitens ist es eh nicht sicher, ob ich sie behalten werde, möchte aber dennoch dann eines anbieten. Entsprechend kommt das Nest auf 150x110x100, enthält zwei Zugänge und drei Kammern plus einer ganz kleinen. Die Wasserkammer habe ich auch hier wieder mit einer eingegipsten Gase abgedeckt. Zwei Kammern, u.a. die ganz Kleine, habe ich mit insg. zwei Wattestopfen an einer Schnurr verschlossen.
Als Landschaft habe ich einen ausgetrockneten Flusslauf heraus gearbeitet. Untergrund Styrodur und Gips.
Bilder reiche ich, wenn alles komplett fertig ist nach.
Wie soll es anders sein, bei der Gyne und Ihrer Brut tut sich nicht viel.
Daß sie noch ein paar Eier zugelegt hat, möchte ich nicht ausschließen, es sieht so aus, kann sie aber zwecks Eierpaket nicht zählen.
Bestand:
1 Gyne
> 12 Eier
07.07.08
Wegen einer Reise konnte ich erst gestern bzw. heute, sprich nach einigen Tagen erst wieder kontrollieren und musste beobachten, wie die Gyne wie niedergeschlagen auf ihrer Brut saß, sich kaum rührte und die Fühler sich nurnoch ganz langsam und selten bewegten. Normal ist sie bisher immer etwas umher gelaufen bzw. hat, wenn auch gelassen aber zumindest erkennbar darauf reagiert, wenn ich die Folie zurück gezogen habe.
Ebenso meine ich eine leichte Einbuchtung an Ihrem Mesosoma erkennen zu können, wüsste aber nicht, woher sie dies hat. Sicher ist, daß sie dies zu Beginn noch nicht hatte.
Ich entschloss mich daraufhin, ihr ein Tropfen Honigwasser in das RG zu geben, auf das sie sich, als die Folie wieder das RG-Nest bedeckte sofort her machte. Sie nahm ca. eine halbe Minute lang das Honigwasser auf, putze kurz ihre Fühler und bewegte sich nun merklich agiler zu ihrer Brut zurück, um wenige Minuten später sofort wieder an dem Honigtropfen zu hängen. (Anbei, meiner Camponotus ligniperda-Gyne habe ich vorsorglich mal ein Stück Alufolie mit Honigwasser drauf in das RG geschoben)
Dies passierte heute Mittag.
Für eine Volkszählung und zur Nachkontrolle schaute ich eben nochmal nach ihr; der Honigtropfen war gänzlich und regelrecht spurlos verschwunden, als wäre nie einer da gewesen! Auch die Gyne hat jetzt wieder wie gewohnt reagiert.
Leider leider habe ich nicht mitbekommen, wann die Larven geschlüpft sind, entsprechend bleibt mir nur, derartige grobe und nicht im Ansatz zuverlässige Vermutungen zurück zu halten und entsprechend lediglich den momentanen Koloniebestand anzugeben.
Bestand:
1 Gyne
Eier: ca. 12
Larven (klein/groß): 4 / 3
14.07.08
Von allzuviel Aktivität kann ich logischer Weise nicht berichten.
Ich habe Ihr, sowie auch meiner Camponotus ligniperda-Gyne nochmals Honigwasser angeboten, letztere hatte fast schon regelrecht darauf gewartet - auf jeden Fall war nach nicht einmal ein Tag nix mehr da.
Meine Lasius spc. Gyne bediente sich ebenfalls nochmal daran, wobei noch ein kleiner Rest vorhanden ist.
Gerade seit es wieder kälter ist, sitzt die Gyne bevorzugt an der "Wattewand" zum Wasservorrat. Die Brut ist dicht aneinander aufgehäuft an die Watte gestapelt.
Die Entwicklung der Brut geht, obwohl es im Moment recht kühl ist und vergleiche ich mit meiner kleinen Lasius niger Kolonie, erstaunlich schnell voran.
Entsprechend sind seit mindestens dem 11.07.08 bereits Kokons vorhanden. Kann dies evtl. daran liegen, daß es "ja nur" die kleinen Pygmäen werden?
Seit gestern erwärme ich das RG mit einer 50W-Wärmelampe am Abend ein wenig, um die kühleren Temperaturen von ca. 20°C ein wenig zu kompensieren und so die Temperatur auf ca. 23°C anzuheben.
Abschließend kann ich den heutigen Bestand, bedingt durch die dichte Anhäufung bei der kleineren Brut nur geschätzt, wie folgt angeben.
Bestand:
1 Gyne
Eier: ca. 3
Larven (klein/groß): 1 / 2
Kokons/Puppen: ca. 7
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Grüßle ~Shar~